Seit einem Jahr tobt ein Krieg auf ukrainischem Territorium, der sich auch gegen die Zivilbevölkerung richtet und bislang Zehntausende Tote und Hunderttausende Verletzte zur Folge hat. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Das sind die offensichtlichsten und schrecklichsten Folgen des Krieges.
Auch geschichtspolitische Instrumentalisierungen des deutschen Faschismus und des Zweiten Weltkrieges spielen eine große Rolle und sind folgenreich für die erinnerungspolitische Landschaft Europas. Rückkehr des Imperialen, Vertrag von Rapallo, Münchner Abkommen, Hitler-Stalin-Pakt, Vernichtungskrieg, Genozid: In den Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg wurden in der medialen deutschen Debatte zahlreiche historische Vergleiche und begriffliche Analogien bemüht und Gleichsetzungen vollzogen.
Aus welchen Motivationen heraus wird verglichen? Wie ist das aus den Perspektiven der Opfer des Faschismus zu bewerten und wo liegen die Gefahren? Und welche Rolle spielen die historischen Bezugnahmen in aktuellen Debatten um Aufrüstung und die außenpolitische Ausrichtung Deutschlands?
Mit verschiedenen Gästen werden wir in unserer Online-Veranstaltung einen genaueren Blick auf die historischen Hintergründe der NS-Vergleiche und historischen Parallelisierungen werfen und über ihre Funktionen sprechen. Wie legitim ist es zu vergleichen und warum ist es problematisch von Vernichtungskrieg zu sprechen? Findet in der Ukraine tatsächlich ein Genozid statt? Und welche (Geschichts-)Politik wird in Deutschland mit historischen Analogien bis hin zur Gleichsetzung gemacht?
Wann? 27. März 2023 – 19:00 bis 21:00 Uhr
Wo? Online über Zoom à Link
Mit Impulsvorträgen von:
- Dr. Christoph Dieckmann (Historiker)
Christoph Dieckmann beschäftigt sich als Historiker seit Jahrzehnten mit der NS-Geschichte und insbesondere der deutschen Besatzungspolitik in Osteuropa während des Zweiten Weltkriegs. Für seine Studie „Deutsche Besatzungspolitik in Litauen 1941 – 1944“ wurde er mit dem Yad Vashem International Book Price for Holocaust Research ausgezeichnet.
- Dr. Hannah Peaceman (Philosophin)
Hannah Peaceman forscht derzeit an der Universität Jena, ist Gründerin und Mitherausgeberin der Zeitschrift „Jalta – Positionen zur jüdischen Gegenwart“ und publiziert zu jüdischen Gegenwarten, zum Verhältnis von Antisemitismus und Rassismus und zu postmigrantischen Erinnerungskulturen.
- Charlotte Widemann (Journalistin)
Charlotte Wiedemann ist freie Auslandsreporterin und Publizistin. In ihrem zuletzt erschienen Buch „Den Schmerz der anderen begreifen – Holocaust und Weltgedächtnis“ plädiert sie für eine empathische Erinnerungskultur und reflektiert über mögliche solidarische Verknüpfungen verschiedener Perspektiven und Erfahrungen.
- Prof. Dr. Günter Morsch (Historiker)
Günter Morsch leitete 25 Jahre lang die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen und war außerdem bis zu seinem Ruhestand 2018 Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Zeit seines Lebens beschäftigte er sich auf unterschiedlichen Ebenen intensiv mit den Themen NS-Geschichte, Erinnerungskultur und Geschichtspolitik.
Unter folgendem Link kann die Diskussionsveranstaltung nachträglich angesehen werden: https://www.youtube.com/@vvn-bda/videos