Gedenkstein für die katholischen Geistlichen im KZ Sachsenhausen

  1. Jahrestag der Gedenksteinlegung für die inhaftierten katholischen Geistlichen

 

  1. Oktober 2016

 

Begrüssung

 

Prof. Dr. Günter Morsch

 

 

Exzellenz, sehr geehrter Herr Erzbischof Dr. Koch,

sehr geehrter Herr Pfarrer Nehk,

sehr geehrte Frau Pruß,

sehr geehrte Vertreter der polnischen Botschaft,

liebe polnische Gäste,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

Im Namen der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten sowie der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhausen begrüße ich Sie alle ganz herzlich zu unserer heutigen Gedenkveranstaltung.

Vor zehn Jahren, am 4. November 2006, weihten die Kardinäle Georg Sterzinsky und Josef Klemp diesen außerordentlich beeindruckenden Gedenkstein ein. Er erinnert an das Schicksal von über 700 katholischen Geistlichen, die zwischen 1936 und 1945 im Konzentrationslager Sachsenhausen eingesperrt waren und gelitten haben. Nach dem gegenwärtigen Forschungsstand verstarben fast einhundert von ihnen infolge der unmenschlichen Haftbedingungen oder sie wurden von der Konzentrationslager-SS grausam ermordet. Namen, wie die von August Flossdorf, Wielhelm Ahrens, Ludwig Kirch, Rupert Meyer und Karl Leisner, sind Beispiele für Widerstand und Verfolgung von katholischen Geistlichen schon vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges.

Nach dem Überfall des Deutschen Reiches auf Polen verhafteten die Nationalsozialisten Tausende katholischer Geistlicher in –Ausführung ihres Plans zur Vernichtung der polnischen Intelligenz. Etwa 500 von ihnen, darunter die Bischöfe Marian Fulmann und Wladyslaw Goral verschleppte die Gestapo in das Konzentrationslager bei der Reichshauptstadt. Dort trafen sie auf die schon im November 1939 nach Sachsenhausen verschleppten 169  Krakauer Professoren, bei denen u. a. der spätere Papst Johannes Paul II studierte.

Die katholischen Geistlichen wurden von der SS als Pfaffen verspottet und gequält. Im Block 58, der sich hinter der jüdischen Baracke 38 befand, pferchte man sie mit straffällig gewordenen SS-Angehörigen, den sogenannten Knochenmännern, zusammen.  Ihrem von Hass- und Rachgelüsten der SS-Männer bestimmten Lageralltag konnten die Geistlichen zeitweise entfliehen, indem sie gemeinsam in der ab Sommer 1940 im Block 58 eingerichteten kleinen Kapelle beteten. 1941 schließlich wurden die meisten katholischen Geistlichen auf Befehl Himmlers nach Dachau verlegt Trotzdem blieb das Konzentrationslager Sachsenhausen bis zur Befreiung der Häftling im April und Mai 1945 immer auch ein Leidensort für katholische Geistliche nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus vielen anderen europäischen Ländern.

Das ehemalige, mit Kiefern- und Laubbäumen eng bestandene  Areal des Kommandanturstabes der Konzentrationslager-SS wurde von der Gedenkstätte Sachsenhausen ab Mitte der neunziger Jahre als ein Ort des Gedenkens und der Trauer eingerichtet. Hier in diesem vom ständigen Strom der jährlich mehr als 700.000 Besucher etwas abseits gelegenen Bereich der Kontemplation und Besinnung kann auf Initiative von Familien, Verbänden und Institutionen an einzelne Personen oder größere Gruppen von KZ-Opfern erinnert werden. Mit der Errichtung des Gedenksteins für die inhaftierten katholischen Geistlichen, für die wir vor allem der ehemaligen Arbeitsstelle für Zeitgeschichte in Berlin, insbesondere Frau Ursula Pruß und Prälat Gerhart Lange, ganz herzlich danken möchten, fand das Andenken an die Opfer aus dem katholischen Glauben eine ganz besonders eindrückliche, auch gestalterisch gelungene Form. Seitdem haben vor allem zahlreiche Gläubige aus polnischen Gemeinden an diesem Stein der aus ihren Orten stammenden Märtyrer gedacht, die von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen wurden.  Auf diese Weise ist es gelungen, die Erinnerung an die vielen KZ-Opfer, die wegen ihres Glaubens ihr Leben in Sachsenhausen verloren haben, nicht nur zu erhalten, sondern zu bestärken.  Die Pilgerfahrten polnischer Gemeinden und die mit deutschen Gläubigen gemeinsam durchgeführten Gedenkveranstaltungen haben aber auch dazu beigetragen, das Einvernehmen zwischen Polen und Deutschen zu befördern, ganz im Sinne der Erklärung der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder von 1965. In ihr heißt es:

„Wenn echter Wille beiderseits besteht – und das ist wohl nicht zu bezweifeln – , dann muss ja ein ernster Dialog gelingen und mit der Zeit gute Früchte bringen, trotz allem, trotz heißer Eisen.“