ANHÖRUNG DER ENQUETE-KOMMISSION „AUFARBEITUNG DER GESCHICHTE UND BEWÄLTIGUNG VON FOLGEN DER SED-DIKTATUR UND DES ÜBERGANGS IN EINEN DEMOKRATISCHEN RECHTSSTAAT IM LAND BRANDENBURG“ DES LANDTAGES BRANDENBURG AM 18. MÄRZ 2011
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Landtagsabgeordnete und Mitglieder der Enquete-Kommission,
meine Damen und Herren,
haben Sie zunächst herzlichen Dank für Ihre Einladung, der ich gerne gefolgt bin. Gestatten Sie mir bitte, dass ich im Zusammenhang mit der Beantwortung Ihrer Fragen im Folgenden auch einige grundsätzliche Ausführungen mache. Dadurch sollen zum einen die gesetzlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen erläutert werden, die den Auftrag und die Aufgaben der Einrichtungen der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten definieren. Zum anderen will ich Ihnen einige wenige erinnerungspolitische Grundsätze erläutern, nach denen die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten als erste Einrichtung ihrer Art in der Bundesrepublik Deutschland am 30. Januar 1993 gegründet und weiter entwickelt wurde.
Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätte wurde durch eine Verordnung der damaligen Landesregierung als gemeinnützige, rechtsfähige und selbständige Stiftung öffentlichen Rechts gegründet. Obwohl Landesstiftung beteiligt sich die Bundesregierung von Anfang an zur Hälfte an deren Finanzierung, was zur damaligen Zeit einen großen politischen Erfolg darstellte, da bis dahin unter Berufung auf den Kulturföderalismus eine Unterstützung von NS-Gedenkstätten strikt abgelehnt wurde. Die Brandenburgische Stiftung sowie die nur wenig später gegründete, ganz ähnlich verfasste Stiftung Buchenwald und Mittelbau-Dora in Thüringen wurden in den darauf folgenden nunmehr fast 20 Jahren zu Vorbildern, denen inzwischen ein Großteil der anderen Bundesländer – natürlich mit jeweils regionalspezifischen Adaptionen – gefolgt sind. Man kommt daher bei aller den Brandenburgern eigenen Bescheidenheit nicht umhin, das mit der Gedenkstättenstiftung verbundene Organisationsmodell und seine in Zusammenhang stehende Gedenkstättenpolitik als durchaus erfolgreich und vorbildlich zu bezeichnen.
An dieser Stelle bietet es sich an, Ihre beiden Fragen zur Einbeziehung der Überlebenden und Interessenorganisationen kommunistischer Verfolgung zu beantworten. Die Stiftung verfügt über ein Beschluss- und zwei Beratungsgremien. Überlebende und Vertreter von Interessenorganisationen für alle Gedenkstätten sind im internationalen Beirat zusammengefasst, der aus zwei Arbeitsgruppen besteht. Die Belange der kommunistisch Verfolgten vertreten vier Überlebende des sowjetischen Speziallagers Sachsenhausen. Der Vorsitzende dieser Arbeitsgruppe ist zugleich Stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbeirates. Er nimmt sowohl an den Beratungen der anderen Arbeitsgruppe des Beirates als auch des Stiftungsrates teil. In letzterem, dessen Vorsitz die brandenburgische Kulturministerin innehat, bilden vier Vertreter der beiden die Stiftung finanzierenden Regierungen von Land und Bund eine Mehrheit. Stimmberechtigt sind außerdem der Vorsitzende der aus 7 Experten bestehenden Fachkommission, der Vorsitzende des insgesamt 20 Mitglieder umfassenden internationalen (Gesamt)Beirats sowie der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Der Stiftungsrat befasst sich vornehmlich mit Grundsatzfragen, wie etwa dem Haushalt und den Bauinvestitionen. Inhaltliche Fragen, wie z. B. zu Veranstaltungen oder Ausstellungen, werden in der Hauptsache von den beiden anderen Gremien beraten. Neben diesen institutionalisierten Formen der Zusammenarbeit gibt es natürlich noch zahlreiche andere Formen. So trifft die Gedenkstättenleitung von Sachsenhausen alle zwei bis drei Monate mit dem Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Lager Sachsenhausen zusammen.
Zweck unserer Stiftung ist es, „an Terror, Krieg und Gewaltherrschaft zu erinnern, die Auseinandersetzung der Öffentlichkeit mit diesem Thema zu fördern und ein würdiges Gedenken der Opfer und Hinterbliebenen an die Verbrechen der Gewaltherrschaft zu ermöglichen.“ Während also in diesem allgemeinen Grundsatzparagraphen keine Einengung im Hinblick auf eine einzige Diktatur erfolgt, schränken die nachfolgenden Sätze diesen Aufgabenbereich wieder stark ein. Die Stiftung, so heißt es im §2 der Verordnung erfüllt ihren Zwecke, indem sie die Nationalen Mahn- und Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück fortführt, die Dokumentationsstelle Brandenburg aufbaut und eine Begegnungsstätte in Ravensbrück errichtet. Die Einengung der Stiftungsaufgaben auf den Betrieb der genannten Einrichtungen macht angesichts der angestrebten Erhaltung einer dezentralen, zivilgesellschaftlich organisierten Erinnerungskultur durchaus Sinn, sie enttäuscht aber viele, die sich von der Stiftung professionelle oder finanzielle Unterstützung erhoffen. Wie eng unsere Verordnung interpretiert werden kann, zeigt die kürzlich geäußerte Kritik des Landesrechnungshofes an der Übernahme der Treuhänderschaft für die unselbständige Stiftung „Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße“. Insoweit fällt in den Aufgabenbereich unserer Stiftung im Hinblick auf die Phase kommunistischer Verfolgung lediglich das sowjetische Speziallager in Sachsenhausen. Nun kann man zurecht einwenden, dass ebenso wie Sachsenhausen auch das Zuchthaus in Brandenburg-Görden ein Ort zweifacher Vergangenheit ist. Dort waren nach einer am Zentrum für Zeithistorische Forschung entstandenen und in unserer Schriftreihe publizierten Studie von Leonore Ansorg in der Zeit der DDR ein sehr großer Teil der politischen Gegner und Verfolgten der kommunistischen Diktatur inhaftiert. Leider ist es aber der Stiftung trotz erheblicher Anstrengungen ihrerseits bisher nicht gelungen, in der Stadt Brandenburg eine Ausweitung ihres bisher nur auf die NS-Opfer sich erstreckenden Auftrages zu erreichen. Bedauerlich ist vor allem, dass die Bundesregierung trotz einer eindringlichen Empfehlung der Bundestagsenquetekommission zur „Aufarbeitung der Folgen und Ursachen der SED-Herrschaft“ sowie des ersten Bundesgedenkstättenkonzepts 1999 eine Einbeziehung der Dokumentationsstelle in die institutionelle Förderung der Stiftung nach wie vor ablehnt. Wie sehr der Stiftungsvorstand trotzdem nach wie vor an dem Ziel festhält, in Brandenburg eine größere Gedenkstätte aufzubauen, die auch an die Opfer kommunistischer Verfolgung erinnert, kann man u. a. daran ersehen, dass die Stiftung zum 20 Jahrestag des Mauerfalls eine Wanderausstellung erarbeitet hat, die den „Aufstand hinter Gittern“ 1989/90 veranschaulicht.
Allerdings zählt aus Sicht der Stiftung zur „Aufarbeitung der Geschichte und Bewältigung von Folgen der SED-Diktatur und des Übergangs in einen demokratischen Rechtsstaat“ gerade auch die Auseinandersetzung mit dem so genannten antifaschistischen Erbe der DDR. Denn die als „antifaschistische Tempel“ gelegentlich polemisch bezeichneten Mahn- und Gedenkstätten lassen sich sicherlich als besonders herausgehobene und wichtige Orte der ideologischen Beeinflussung im Sinne des SED-Regimes bezeichnen. Erhebliche Anstrengungen der verschiedenen Einrichtungen der Stiftung waren daher darauf gerichtet, sich kritisch mit den vorgefundenen Interpretationen der NS-Geschichte und ihrer politischen Instrumentalisierung zu beschäftigen. Dazu bedurfte es in fast allen Bereichen einer umfassenden Neuorientierung. Einseitige oder fehlende wissenschaftliche Forschung musste auf das Niveau moderner Zeitgeschichte gehoben werden, Sammlungen und Archive ergänzt, Konzepte und Praxis der Gedenkstättenpädagogik fast komplett umgestellt, Publikationen und andere Formen der Medien- und Öffentlichkeitsvermittlung erarbeitet, vollkommen neue Museen und Ausstellungen geschaffen sowie die baulichen Relikte, Mahnmale und Gebäude umfassend saniert oder neu gestaltet werden. Wer heute Sachsenhausen oder Ravensbrück besucht, findet Gedenkstätten vor, die sich als moderne zeithistorische Museen mit besonderen humanitären und bildungspolitischen Aufgaben in fast allen Bereichen von den vorangegangenen Mahn- und Gedenkstätten der DDR unterscheiden und die nicht zuletzt deshalb hohe internationale Anerkennung erfahren. Es ist völlig unmöglich, in der mir gegebenen Zeit auch nur Teilaspekte dieses umfassenden Prozesses der Neukonzeption und Neugestaltung zusammenhängend darzustellen. Lediglich auf ein nicht ganz unbedeutendes Beispiel möchte ich verweisen: es waren die brandenburgischen Gedenkstätten Sachsenhausen im Jahre 1996 und Ravensbrück 1998, die sich als erste bundesdeutsche Gedenkstätten überhaupt, zwar kritisch aber nicht einseitig, mit der eigenen Geschichte in großen Dauerausstellungen und begleitenden Publikationen befassten. Dort wird der Prozess der Entstehung der Mahn- und Gedenkstätten dargelegt, ihr Missbrauch durch die Politik der DDR ebenso wie das ehrliche Engagement vieler Menschen für das Gedenken an die Opfer. Es werden aber auch die seit Mitte der achtziger Jahre langsam entstehenden Risse in den Säulen der Tempel gezeigt, als z. B. frei organisierte Homosexuellen- und Lesben-Gruppen in der DDR ihr Recht zum Gedenken an die bis dahin verschwiegenen Opfergruppen durchsetzten, internationale Gruppen der „Aktion Sühnezeichen“ das bis dahin gehütete hermetische Opferbild hinterfragten oder Bürgerrechtler im Rahmen des so genannten Olof-Palme-Friedensmarsches vor dem Mahnmal in Sachsenhausen Reisefreiheit verlangten. Ich glaube jedenfalls, dass diese nicht einfache, lang dauernde, aufwändige und keinesfalls konfliktfreie, kritische Auseinandersetzung mit dem so genannten antifaschistischen Erbe in den ehemaligen Mahn- und Gedenkstätten unbedingt in eine Bilanz der Aufarbeitung der SED-Diktatur in Brandenburg einbezogen werden muss, weil ohne eine sehr ernsthafte, zugleich sensible und kritische Beschäftigung mit diesem von vielen Menschen – nicht nur in den neuen Bundesländern – zunächst als uneingeschränkt positiv und bewahrenswert empfundene Erbe eine tief gehende Verankerung demokratischer Geschichtskultur nicht möglich war und ist.
Wenn ich jetzt im Folgenden versuchen werde, Ihre konkrete Fragen zum Umfang unserer Erinnerungsarbeit zu beantworten, so gebe ich zuvor zu bedenken, dass es für die Gedenkstättenstiftung fast einer eigenen, aber durchaus lohnenswerten Forschungsanstrengung bedarf, um exakte Zahlen und Daten zu ihrer vielfältigen achtzehnjährigen Tätigkeit zu eruieren. Auch möchte ich davor warnen, den gerade im Verhältnis der Opferorganisationen beider Diktaturen zueinander so außerordentlich problematischen Aufrechnungsmodus, ob in Quadratmeter oder Euro, zu befördern. Schließlich haben die Gründer unserer Stiftung mit Überlegung und Bedacht gemeinsame Einrichtungen und Grundlagen geschaffen, die sich, wie z. B. die jährlichen Haushaltsansätze, nachträglich kaum noch nach den verschiedenen Einrichtungen, geschweige denn nach Geschichtsperioden, auffächern lassen.
Der Schwerpunkt der Aufarbeitung der Geschichte des sowjetischen Speziallagers lag in Brandenburg anfangs – anders als etwa in Buchenwald – auf der Herrichtung würdiger Gedenkorte. Sehr schnell wurden zunächst von der Gemeinde Schmachtenhagen dann von der Landesregierung und der Stiftung die drei Massengräber als würdige Friedhöfe, Trauerstätten und Gedenkorte eingerichtet. Deren Gestaltung geschah in enger Abstimmung mit der Arbeitsgemeinschaft Lager Sachsenhausen 1945-1950, die sowohl die ausführenden Künstler als auch die Widmungssprüche vorschlugen. Der größte Gedenkort, wo die sterblichen Überreste von etwa 7.500 Opfern vermutet werden, am so genannten Kommandantenhof unmittelbar an der Nordspitze der Gedenkstätte, konnte deshalb schon ein Jahr nach der Stiftungsgründung im Rahmen einer großen Gedenkveranstaltung vom Landtagspräsidenten eingeweiht werden. Seitdem finden dort die alljährlichen Gedenkveranstaltungen statt, die nach einer längeren Pause inzwischen wieder gemeinsam von Stiftung und Arbeitsgemeinschaft ausgerichtet werden. Wir sind den Landtagspräsidien und Landesregierungen sehr dankbar, dass sie auf Initiative der Stiftung hin nach besonderen Gedenktagen immer wieder in den vergangenen Jahren Empfänge für die Überlebenden der Speziallager in Brandenburg ausrichteten. Wissenschaftliche Forschung dagegen war durch das Fehlen einschlägiger Quellen der Täter weitgehend behindert. Insoweit erbrachte das große Kooperationsprojekt der Universitäten Jena und Hagen sowie der Gedenkstätten Buchenwald und Sachsenhausen mit dem Staatsarchiv Moskau einen entscheidenden Durchbruch. Die beiden daraus entstandenen Quellen- und Darstellungsbände sind nach wie vor die maßgeblichen Standartwerke, auf die sich bisher alle weiter gehende Forschung bezieht. Im Rahmen jährlicher Arbeitstagungen und wissenschaftlicher Konferenzen, die die Gedenkstätte nicht zuletzt in Kooperation mit den bekannten Parteienstiftungen, durchführte, konnte unser dadurch beträchtlich gewachsenes Wissen mit den Berichten Zeitzeugen und andere Quellen abgeglichen werden. Im Ergebnis entstand in der Gedenkstätte Sachsenhausen eine von der Landeszentrale finanzierte Publikation, in der erstmals die Geschichte aller sowjetischen Speziallager in Brandenburg in einer gut lesbaren und übersichtlichen Broschüre zusammengefasst wurde. Ein mehr als 500 Seiten umfassendes Nachschlagewerk stellt auch der Katalog der Dauerausstellung dar, in dem zahlreiche Schlüsseldokumente abgedruckt und kommentiert sind. Aufgrund der geringen Personalkapazitäten kann weitere Forschung nur in Zusammenarbeit mit entsprechenden Institutionen, insbesondere den Universitäten, erfolgen. Trotzdem bestehen nach wie vor wichtige, gerade für die erinnerungskulturelle Debatte entscheidende Forschungsdesiderate, wie z. B. nach der genauen Zusammensetzung der Häftlingsgesellschaft in den Speziallagern, fort.
Parallel zur Forschung erfolgte der Aufbau eines eigenen Museums zur Geschichte des sowjetischen Speziallagers. Die bereits 1993 eingerichtete Dauerausstellung erfuhr demgegenüber von vielen Seiten Kritik. Mehrere Sonderausstellungen, wie z. B. über die zahlreich erhaltenen Kassiber der Häftlinge, zeigten bereits Teile der seit Gründung der Stiftung begonnen Sammlungserfolge. Das 2001 in einem eigens errichteten, mit einem Architekturpreis ausgezeichneten Neubau sowie zwei original erhaltenen Steinbaracken eingerichtete Museum ist mit einer Gesamtfläche von ca. 850 Quadratmeter das größte seiner Art in der Bundesrepublik. Auch nach der Eröffnung des von vielen maßgeblichen Rezensenten vor allem wegen seiner Vielzahl an interessanten und unerwarteten Exponaten gelobten Museums wurden regelmäßig Sonderausstellungen gezeigt, so z. B. zu Workuta oder zu den Speziallager-Häftlingen aus Falkensee.
Nicht mehr zu überschauen, sind die Anzahl und die Vielfalt der Veranstaltungen zu den einschlägigen Themen. Jedes Jahr finden Vorträge oder Film- und Buchvorstellungen statt, wie zuletzt z. B. die Präsentation der neuesten Publikation zur Geschichte der Speziallager von Bettina Greiner oder der Vortrag von Herrn Heitzer zur Geschichte der Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit. Auch bei den pädagogischen Veranstaltungen gehört die Geschichte des sowjetischen Speziallagers natürlich zum Standartrepertoire. In jeder Führung wird auf zweite Lagergeschichte hingewiesen, regelmäßig finden eigene thematische Sonderführungen statt. Pädagogische Ein- oder Mehrtagesprojekte, z. T. in der Jugendbegegnungsstätte Haus Szczypiorski, gehören ebenso zum pädagogischen Angebot der Gedenkstätte wie Zeitzeugengespräche und Multiplikatorenschulungen. Hilfreich ist dabei, dass das Bildungsministerium einen der so genannten Gedenkstättenlehrer speziell für die Vermittlung der Nachkriegsgeschichte an die Stiftung abgeordnet hat. Natürlich ist das sowjetische Speziallager auch in alle pädagogischen Materialien, wie Faltblättern, Internetauftritten oder Audioguides integriert. Dem nur allzu verständlichen Wunsch der Überlebenden und Interessenorganisationen, das Angebot der Gedenkstätte noch weiter zu verstärken, stehen die Probleme begrenzter finanzieller und personeller Kapazitäten aber auch der Nachfrage gegenüber. Eine internationale Gedenkstätte wie Sachsenhausen, wo die Mehrheit der mehr als 400.000 Besucher mittlerweile aus dem Ausland kommt, und nicht zuletzt deshalb der Namen des ersten großen KZ-Komplexes sich in erster Linie mit dem größten KZ zu Kriegsbeginn, der Verwaltungszentrale aller Konzentrationslager oder den großen Massenmordaktionen an Juden und anderen Verfolgten verbindet, kann nicht mit spezifischen Orten kommunistischer Verfolgung, wie z. B. Hohenschönhausen, verglichen werden.
Ein zentraler Tätigkeitsbereich der Gedenkstätte besteht in der humanitären Betreuung der Überlebenden und ihrer Angehörigen sowie der Zeitzeugenarbeit. In der Gedenkstätte Sachsenhausen fanden u. a. Mutter-Kind-Seminare sowie am Sitz der Geschäftsstelle die Jahreshauptversammlung der UOKG statt. Hunderte von Zeitzeugenberichten liegen inzwischen als schriftliche, bzw. Audio- oder Videoquellen vor. Auf ihnen vor allem fußte ein Großteil der Publikation von Bettina Greiner zur Geschichte und Wahrnehmung sowjetischer Speziallager in Deutschland. Auch Studienabschluss- oder Doktorarbeiten finden in diesen zumeist von den Überlebenden der Gedenkstätte übergebenen Quellen eine wertvolle Grundlage. Die Gedenkstätte steht in einem regelmäßigen Briefkontakt mit zahlreichen Überlebenden und ihren Angehörigen, die größtenteils danach häufig auch persönlich in der Gedenkstätte betreut und begleitet werden. Jährlich beantwortet die Gedenkstätte zwischen 150 und 300 Archivanfragen, weshalb man schätzen kann, dass im Laufe der Jahre mehrere Tausend Überlebende und Angehörige der Opfer von der Stiftung über Haftzeiten oder Sterbedaten informiert wurden. Zu solchen Archivauskünften ist die Gedenkstätte im Grunde nicht berechtigt, dies ist die Aufgabe des DRK in München. Trotzdem ist es uns ein zentrales humanitäres Anliegen, den Angehörigen oder den Überlebenden auf der Basis der Akten des russischen Staatsarchivs Auskunft geben zu dürfen. Es war uns deshalb eine besondere Freude, dass wir im vorigen Jahr nach langer, intensiver und aufwändiger Forschungsarbeit endlich das Totenbuch des sowjetischen Speziallagers Nr. 7 und Nr. 1 publizieren konnten. Soweit ein keinesfalls vollständiger Einblick in die Tätigkeit der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Ihre Nachfragen beantworte ich natürlich gerne.